Nichts will aufbrechen. Magnolienatem klebt am Beton. Die Bevölkerungsdichte der Krähen nimmt zu.

In diesem Frühjahr mussten wir begreifen, was Pragmatismus ist. Die Lektion war eine der schwereren. Wir hatten irrationale Voraussetzungen. Die Frühlingskinder kamen mit mürrischem Gesicht zur Welt. Die kleinen Fische ohne Lächeln. Die kleinen Stiere mit zu wenig Gewicht. Die kleinen Zwillinge waren überraschend ruhig. Wenn wir Blumen kaufen wollten, standen wir draußen vor dem Geschäft und versuchten uns vorzustellen, ob es Rosen, Lilien, Tulpen oder Flieder drinnen gab. Wir reckten die Hälse, lehnten uns weit über den wackligen Behelfstresen vorm Laden und gaben der Verkäuferin Handzeichen. Naja, noch gab es Blumen. Der Garten gab noch nichts zum Plündern her, er hatte diesmal einige Wochen länger in der Kälte ausgeharrt. Sind Blumen wichtig? Um uns herum tanzten die Clowns mit bunten Tüchern, die das halbe Gesicht verdeckten. Darunter trugen sie starre weiße Masken und so tanzten sie tonlos in einer Choreografie versteckter silbriger Fäden; wie gesponnen, kaum sichtbar wurden die Gestalten von einer geheimnisvollen Kraft hin und her gezogen. Zwischen einzelnen Passanten standen lebende Ponys mit sanftem Blick. Krähen hüpften über den Asphalt und stritten um Essensreste. Krähen, die durch die Stadt spazieren. Der Naturschutzbund verbreitet die Nachricht, dass es derzeit zweieinhalb tausend Nester in Bäumen und auf begrünten Flachdächern gibt. „Die Vögel bauen bevorzugt dort, wo die Nahrung nah ist, also an beliebten Plätzen mit Durchlauf von Touristen, Studenten oder Geschäftsleuten, die häufig einen Happen zwischendurch verzehren.“ Seltsam, denn die Krähen waren die einzigen, die noch draußen essen durften.

Veröffentlicht von petrachristianeg

Autorin, autodidaktische Malerei, Hobbies: Astrologie, Politik, Literatur. Verabscheue Totalitarismus, Krieg und Gier.

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